Hausarbeit: Vergleich SEO von Otto & Zalando

SEO-Texte: Reine Keywordaufzählung oder qualitativer Content?

Wenn man sich den ganzen Tag mit Suchmaschinenoptimierung beschäftigt und sie einem sogar beim Online Shopping Zuhause abends um 20 Uhr noch begegnet, tun sich einem mit der Zeit Fragen auf. Wie machen es eigentlich die „ganz Großen“? Reines SEO oder gekoppelt mit interessanten Inhalten? Deshalb hat Cerrin Kresse vom Team WEBTIMUM die Gelegenheit genutzt, eine Hausarbeit über den stilistischen Vergleich zwischen zwei suchmaschinenoptimierten Texten zu schreiben und ihr selbst (und euch) diese Fragen zu beantworten.
Die untersuchten Originaltexte könnt ihr euch über diese Links ansehen:

▶ ZUM Zalando-SEO-Text

▶ ZUM OTTO-SEO-Text

Überwiegend geht es in der Hausarbeit um sprachwissenschaftliche Aspekte von Werbesprache, anhand dessen die Zielgruppenbestimmung und eine Einordnung der SEO-Texte erfolgt. Seid ihr neugierig, wie sich ein SEO-Text als solcher eigentlich definieren lässt? Dann lohnt es sich, den Text zu lesen.
Ich bitte interessierte Leser zu beachten, dass der folgende Text Cerrins geistiges Eigentum ist und dem Urheberrecht unterliegt, weshalb er ohne ihre Einstimmung nicht anderweitig verwendet werden darf. Gerne darf er aber natürlich mit anderen geteilt werden.

Viel Spaß beim Lesen!

Hausarbeit im Rahmen des Studiums der Kommunikationswissenaften an der Universität Greifswald, welche mit der Note 1 bewertet wurde – von Cerrin Kresse:

1 Einleitung

„Alles das, was Werbetexte verführerisch, unterhaltsam, interessant, spannend, einprägsam oder auch marktschreierisch aufdringlich macht, hat mit Stil zu tun.“ (Hoffmann 2012: 179) In der vorliegenden Arbeit soll sich mit dem Stil von Werbekommunikation in Texten auf Webseiten beschäftigt werden, da in Seminaren und Vorlesungen lediglich Werbung in E-Mails, Anzeigen und Werbung auf Plakaten thematisiert worden sind. Stil in diesem Sinne ist zu verstehen als „die sozial bedeutsame Art der Durchführung einer kommunikativen Handlung“ (Sandig 2006: 17) „Stil ist das WIE, die bedeutsame funktions- und situationsbezogene Variation der Verwendung von Sprache (…)“ (Sandig 2009: 1)

Wegen meiner Einstellung als Werkstudentin in einer Online Marketing Agentur interessiere ich mich für Suchmaschinenoptimierung, weshalb die zentrale Frage der Arbeit lautet: Welche Auffälligkeiten ergeben sich aus dem stilistischen Vergleich zweier suchmaschinenoptimierter Texte?

Dafür sind zunächst zwei Texte von den Unternehmen OTTO und Zalando herangezogen worden, anhand dessen stilistische Merkmale herauskristallisiert werden. Beide Texte sind digital und medial schriftlich zu finden und beziehen sich auf die gleichen Produkte, sind jedoch unterschiedlich realisiert worden. In beiden Onlineshops lässt sich die Oberkategorie „Kleider“ finden, wobei zuerst das Produkt ersichtlich ist, weiter unten aber auch der dazugehörige Werbetext zu ermitteln ist. Es wird auf die Textsorte „Werbetext“ Bezug genommen. Dann wird der situative Kontext beleuchtet sowie die Akteure, die an der Kommunikationssituation beteiligt sind. Das Vorgehen zur Untersuchung dieser Texte beinhaltet die Frage, was Suchmaschinenoptimierung bedeutet und ob diese Werbetexte dazuzuzählen sind. Des Weiteren wird sich am Modell Hoffmanns orientiert, der sich mit der stilistischen Werbekommunikation beschäftigt, und die Texte anhand seiner Merkmale der Typisierung, Differenzierung und Fokussierung verglichen (vgl. Hoffmann 2012: 179). Dieses Verfahren scheint geeignet, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Texten und zur herkömmlichen ‚Offline’-Werbung deutlich machen zu können. Abschließend werden prägnante Auffälligkeiten benannt sowie ein Fazit herauskristallisiert. Das Ziel dieser Arbeit ist, Werbekommunikation im Internet genauer auf stilistische Gestaltungszusammenhänge zu beleuchten und diese für den Rezipienten sichtbar zu machen.

Um den Umfang der Hausarbeit nicht zu überschreiten, wird sich lediglich auf oben genannte Aspekte bezogen. Es wird nur auf Texte eingegangen, die unterhalb der Produkte stehen, Texte an den Seiten werden nicht berücksichtigt. Der Stand der Texte ist vom 20.12.16 und im Anhang vollständig vorzufinden. Seitdem sind teilweise Veränderungen vorgenommen worden.

2 Vorstellung der Texte

2.1 OTTO „Tipps und Trends rund um Kleider“

Der Text von OTTO „Tipps und Trends rund um Kleider“ beinhaltet eine Art Ratgeber für den angemessenen Kleidungsstil zu verschiedenen Anlässen.
Es wird zunächst in einer Einleitung „Stilsichere Alleskönner für jeden Anlass“ die Wandlungsfähigkeit der Kleider beschrieben und einige Beispiel wie das „kleine Schwarze“ benannt. Es folgt ein Inhaltsverzeichnis, welches einen Überblick über die folgenden Überschriften und Themenabschnitte gibt. Der zweite Abschnitt „Femininer Look für das Büro“ thematisiert den Kleidungsstil im Büro und enthält einige Tipps, die die Kunden bei der Wahl des Kleides für die Arbeit beherzigen sollten. In dem dritten Abschnitt „Entspannt in der Freizeit“ geht es um das richtige „Styling“ in der Freizeit, welches einfach sein sollte und dem Kunden selbst gefallen sollte. Zudem werden hier verschiedene Arten von Kleidern angesprochen, die in die Freizeit passen. Der vierte Abschnitt „Elegant und extravagant am Abend“ behandelt die Wahl des richtigen Abendkleides und nennt als ideales Beispiel das Cocktailkleid. In dem fünften Abschnitt „Ein Traumkleid für einen Traumtag“ geht es um das Brautkleid oder darum, was man bestenfalls anzieht, wenn man zu einer Hochzeit eingeladen ist. Der sechste Abschnitt „Die schönsten Kleidertrends 2016“ handelt von verschiedenen Stilen wie dem Hippie- Style oder dem Ethno-Look, die im Jahr 2016 auf den Mode-Shows und in Städten zu sehen waren. Orientierungsfragen- und stichpunkte fassen den Werbetext im letzten Abschnitt „Fazit: Bleiben Sie sich treu“ zusammen.

2.2 Zalando „Kleider. Kleider machen Laune: Der Dress-Code mit Fun-Faktor.“

Auch Zalandos Text beinhaltet einige Tipps und Kombinationsmöglichkeiten zu verschiedenen Kleidungsstilen.
Der erste Abschnitt des Textes von Zalando „Kleider machen Laune: Der Dress-Code mit Fun-Faktor“ äußert, dass Kleider beliebig kombinierbar und für jeden Stil anpassbar sind. In dem zweiten Abschnitt „All dressed up: Der Kleider-Guide“ geht es darum, dass ein Kleid den Rezipienten jederzeit gut einkleidet. Der dritte Abschnitt „Raus aus den Federn“ beinhaltet Tipps zu Kombinationsmöglichkeiten für ein Slip Dress für kältere und warme Tage. Der vierte Abschnitt „Wir stehen auf Schlauch“ thematisiert Schlauchkleider in allen Variationen. In dem fünften Abschnitt „Unter-Hose“ geht es darum, ein Kleid auch über der Hose zu tragen. Dies wird durch Anregungen unterstützt. Der letzte Absatz beinhaltet einen letzten Tipp, verschiedene Kleidungsstile miteinander zu vermischen.

Anhand der Texte wird deutlich, dass die Mode einen anderen Stilbegriff pflegt, als der meiner Arbeit. In der Mode wird Stil häufig als etwas bezeichnet, das gelungen, passend oder akzeptiert ist, „in jedem Fall aber positiv Bewertetes ausmacht“ (Eroms 2008: 13).

3 Stilabsicht: Textsorte und Systemtheorie

Die Textsorte, also das „Produkt von konventionellen sprachlichen Handlungen“ (Gansel 2007: 68) in diesem Fall ist der Werbetext, der als solcher charakterisiert werden soll. Werbung meint, dass „Menschen dazu bewegt werden, etwas Bestimmtes (im Sinne des Werbenden) zu tun.“ (Janich 2001: 18) Rezipienten werden also psychologisch in ihrem Konsumverhalten durch sprachliche Mittel beeinflusst. In diesem Zusammenhang ist es essentiell, nicht nur danach zu fragen, wie für „einen Gegenstand geworben wird“ (ebd.), sondern ebenso die Anrede des Rezipienten zu betrachten und „wie beim Adressaten das erwünschte Verhalten erreicht“ wird (ebd.). Dies wird aus den folgenden Kapiteln deutlich.
Eine systemtheoretische Perspektive zu Textsorten bietet sich an, da „Textsorten in einem engen Zusammenhang zu sozialen Systemen stehen, in denen sie spezifische Leistungen übernehmen.“ (Gansel 2007: 80). Zunächst lässt sich festhalten, dass beide Texte auf den Webseiten zweier funktional ausdifferenzierten Systeme zu finden sind (vgl. Krause 2005: 35): OTTO und Zalando sind wirtschaftliche Unternehmen, die sich eine Einkommenssteigerung erhoffen. Geld fungiert hier als ein symbolisch generiertes Medium und gilt als Erfolg versprechend (vgl. Gansel 2011: 49). Diese spezifische Leistung ist in dem Sinne von den Werbetexten zu erfüllen. Der Werbetext als Textsorte sichert „die strukturelle Kopplung zu (…) psychischen Systemen“ (Gansel 2007: 81), womit die Einflussnahme auf den Konsumenten gemeint sein kann. Die Werbekommunikation wird systemtheoretisch „als Synthese dreier Selektionen, als Einheit aus Information, Mitteilung und Verstehen (…)“ (Luhmann 1994: 203) verstanden, wobei in diesem Fall der Werbende für Stilabsicht und -wahl (Information und Mitteilung) und der Rezipient für Stilwirkung (Verstehen und Anschlusskommunikation) steht. Nur durch die Anschlusskommunikation wird die Kommunikation erfüllt. Sie erfolgt im Sinne des Online Marketings als ein Kauf der thematisierten Produkte, die auf dem Bildmaterial über den Texten zu sehen sind, oder als Klicken auf weiterführende interne Links zu anderen Artikeln. Werbesprache ist „eine instrumentalisierte, zweckgerichtete und ausschließlich auf Anwendung konzipierte Sonderform der sprachlichen Verwendung“ (Baumgart 1992: 34) und die Anregung des Konsums beim Rezipienten ist die Absicht der Werbung, die die Stilwahl und Illokution (Austin 2002: 116) der Werbetexte bestimmt.
„Die Textsorte Werbung repräsentiert wie keine andere den Zeitgeist einer globalisierten Kommunikation auf der symbolischen Ebene.“ (Hennecke 2012: 365).

4 Suchmaschinenoptimierung

Bei der Bearbeitung lassen sich, wie im Folgenden erläutert wird, viele Parallelen zur herkömmlichen Werbung wie Anzeigenwerbung feststellen. Einen Unterschied jedoch möchte ich zu Anfang klären, der in der Digitalisierung der Werbung liegt.
Beide Texte befinden sich auf einer Website im unteren Bereich. Das in den Werbetexten angepriesene Produkt findet im Onlineshop im oberen Bereich Platz, sodass die Texte wegen ihrer Position schnell übersehen werden können. Das ist für die Betreiber der Website aber nicht vorrangig, da sie lediglich ihr ‚Ranking‘ auf Google verbessern wollen (vgl. Eng 2017: 4). Gibt ein Kunde beispielsweise „Kleider“ bei Google ein, möchte ein Onlineshop, der Kleider anbietet, möglichst weit oben unter den Suchergebnisanzeigen platziert werden. Dazu wird die sogenannte Suchmaschinenoptimierung, oder auch SEO, vorgenommen, bei der nach einer Vielzahl von Kriterien eine Website den Kriterien von Google angepasst wird. Die Internetpräsenz eines Unternehmens soll verbessert und dessen Bekanntheitsgrad gesteigert werden, was bestenfalls mit einem höheren Einkommen einhergeht. Google Crawler sind Bots, die eine Seite nach ihren Inhalten durchsuchen und daraus einen Index bilden. Sie tragen dazu bei, dass eine verbesserte Website ein höheres Ranking erfährt (vgl. ebd.). Um Komplexität zu reduzieren, wird sich im Folgenden auf den für die Hausarbeit wichtigen Aspekt beschränkt, der erklärt werden soll.

Merke: Mithilfe von Suchmaschineniotimierung sollen die Internetpräsenz und der Bekanntheitsgrad eines Unternehmens gesteigert werden.

4.1 Keywords

Ein Schritt der „Onpage-Optimierung“, also Optimierung direkt auf einer Website, beinhaltet die Erstellung sogenannten ‚Contents‘, also Inhalt, der sich meist in Form von Werbetexten auf einer Website und dessen Unterseiten finden lässt, so wie die herangezogenen Texte (vgl. Süss 2016: 70). Zunächst gilt zu sagen, dass diese häufiger für Suchmaschinen als für den Rezipienten geschrieben sind. Damit Google Crawler den Inhalt der Seite erfassen können, werden bestimmte Begriffe oder Begriffskombinationen, nachfolgend Keywords, vermehrt in den Text impliziert (Eng 2017: 10). Erscheint ein Wort zu zwei bis vier Prozent in einem Text, kann das der ideale Prozentsatz für die Suchmaschine Google sein, das Fokusthema der Website verstehen zu können. Sie kann überdies der Seite qualitative Inhalte zumessen und sie zukünftig in den Suchergebnisanzeigen höher platzieren. Das Ziel von Werbetexten der Unternehmen ist also, mit relevanten Begriffen besser gefunden zu werden und folglich für den Kunden attraktiver und besser ersichtlich sein. Das führt dazu, dass Unternehmen oder Agenturen die Werbetexte teilweise neu optimieren, da das Internet schnelllebig ist, Google seine Kriterien ändert und sich auch relevante Keywords und ihr Suchvolumen verändern, die in den Text aufgenommen werden. Genau so verhielt es sich mit dem OTTO Werbetext, der inzwischen auf der Website erneuert worden ist. Der Text, auf den sich in der Analyse bezogen wird, stellt also folglich eine veraltete Version dar.

Es werden aber nicht nur viele Keywords auf einer Seite platziert, sondern zugleich hochwertiger Content für die Kunden produziert, der einen ‚Mehrwert‘ bieten soll (vgl. Eng 2017: 10). Nun stellt sich die Frage: Sind die zwei zu untersuchenden Texte suchmaschinenoptimiert?

Merke: Keywords verarbeitet in qualitativen Inhalten  können Google Crawlern dabei helfen, das zentrale Thema einer Website zu identifizieren.

4.2 Sind die zwei zu untersuchenden Texte suchmaschinenoptimiert?

Beim ersten Lesen des Textes von OTTO „Tipps und Trends rund um Kleider. Stilsichere Alleskönner für jeden Anlass.“ fallen zwei Wörter prägnant auf: Am häufigsten werden Kleider benannt, welche 24 Mal im Text vorkommen und folglich einen Prozentsatz, nachfolgend Keyworddichte, von 1,37 % verzeichnen. Zusätzlich erhält der Begriff Kleid im Singular 19 weitere Platzierungen und eine Dichte von 1,08% im Text, wodurch das Keyword noch sichtbarer für einen Roboter wird. Interessant sind die Worte Büro, Office und Job, die gemeinsam neun Mal auftauchen. Daraus könnte man schließen, dass OTTO ein Ratgeber für das Tragen von Kleidern bei der Arbeit darstellen möchte. Auch „Figur“ thematisiert OTTO, was darauf schließen lässt, dass das Unternehmen darüber aufklären möchte, welches Kleid zu welcher Figur passt. Dies unterstützt die These, dass Unternehmen ihren Kunden hochwertige Informationen bieten möchten, was OTTO mit hilfreichen „Tipps“ und Tricks in Form von knapp 1800 Wörtern realisiert. In den Text eingebettet sind auch interne Links, die auf zahlreiche Unterseiten des Onlineshops führen und dem Kunden das breite Spektrum der möglichen Kleidungskombinationen vor Augen führen, so auch Strickjacke, Gürtel oder Pumps.

In dem weitaus kürzeren Text von knapp 350 Wörtern von Zalando „Kleider. Kleider machen Laune: Der Dress-Code mit Fun-Faktor“ fällt auf, dass „Kleider“ ein Vorkommen von fünf Malen verzeichnet, sodass eine Keyworddichte von 1,45 % vorliegt, womit dies der wichtigste Begriff des Textes ist. Das englische Synonym „Dress“ wird fünf Mal benannt, was mit dem ohnehin vermehrten Gebrauch von Anglizismen harmoniert und die gleiche Keyworddichte wie „Kleider“ verzeichnet. „Kleid“ erscheint vier Mal.

Aus den Werten lässt sich schließen, dass beide Texte suchmaschinenoptimiert sind. Zwar beträgt bei OTTO die höchste Keyworddichte 1,37 %, jedoch bietet dieses Unternehmen mit einem sehr ausführlichen Text dem Kunden viele Tipps zum Kombinieren der Kleider mit Figur und Schuhen. Der OTTO Werbetext ist folglich weniger für die Suchmaschine als für den Rezipienten und potentiellen Kunden geschrieben. Der Text von Zalando hingegen bietet für den Kunden wenig Inhalt, für die Suchmaschine jedoch das Hervorheben relevanter Begriffe, weshalb dieser Werbetext mit einer Keyworddichte von 1,45 % ein wenig optimierter ist als derjenige von OTTO.

Merke: Beide Texte sind suchmaschinenoptimiert, wobei OTTO mit einer Art Ratgeber qualitativ hochwertigen Inhalt produziert.

5 Kommunikative Situation und Akteure sowie deren Beziehung

Die kommunikative Situation ist das Resultat eines digitalen Zeitalters: Online-Medien zählen zu den tertiären Medien und benötigen deshalb für die Kommunikation ein technisch basiertes Medium jeweils auf Seiten des Senders und Empfängers (vgl. Beck 2013: 202).

Es handelt sich bei der Werbung immer um eine inszenierte Kommunikationssituation, die von Artifitialität geprägt ist und sich stark an der Alltagssprache orientiert (vgl. Janich 2001: 37). Die Beziehung zwischen Textproduzent und Textrezipient gestaltet sich bei beiden Unternehmen unterschiedlich, wobei beide eine „soziale Nähe“ erzeugen (Hoffmann 2012: 190). Die Textproduzenten, die bei „größeren Unternehmen in der Regel die beauftragte Agentur“ (Janich 2012: 13) darstellen, sprechen den vorausgesetzten Rezipienten an, der den „idealen Verbraucher“ (ebd. S. 214) verkörpert. Auch kann es sein, dass große Unternehmen eigene Abteilungen für Werbung beziehungsweise SEO eingerichtet haben, sodass das Unternehmen selbst auch als Textproduzent gelten kann. Ist dies der Fall, so fällt der kundenseitige Rezipient weg, der das Unternehmen darstellt, das einen Werbetext als Erstes empfängt und ihn genehmigt (vgl. ebd. S. 214). Da jedoch keine genaueren Informationen zu den beiden Unternehmen OTTO und Zalando vorliegen, ist eine genauere Zuordnung an dieser Stelle ungewiss. Für beide Unternehmen lassen sich prototypische Personen herausfinden, also von einer Mehrfachadressierung reden, jedoch soll im Folgenden nur die breite Gruppe in Betracht gezogen werden.

5.1 Situation, Akteure, Beziehung bei OTTO

Anders verhält es sich mit den tatsächlichen Rezipienten, welche auf die Werbetexte stoßen und sie sich tatsächlich praktisch durchlesen, weil sie beispielsweise Inspiration für die Kombinationsmöglichkeiten von Kleidern suchen und deshalb vom Textproduzenten und dem Unternehmen OTTO mit Textpassagen wie „Etuikleidern in dunklen Farben stehen (fast) jedem Figurtyp, verstecken kleine Pölsterchen und bringen Kurven schön zur Geltung“ angesprochen werden. Die Inszeniertheit der Sprache zeigt sich zum Beispiel in den vorliegenden Informationen, die an sich nichts Neues für den Kunden bieten, dennoch informativ auf ihn wirken (vgl. Janich 2001: 39). Mit emotionalen Anspielungen wie „braucht die Trägerin keine Modelmaße“ nimmt OTTO Bezug auf das heute geltende Schönheitsideal und psychischen Einfluss auf den Rezipienten.

Bei OTTO wird der potentielle Kunde mit „Sie“ angesprochen, was eine Distanz impliziert und dennoch einen „freundlichen Stil“ beherbergt (Hoffmann 2012: 190). Rhetorische Fragen und Antworten, die Abtönungspartikel enthalten wie „Sie mögen es (…)? Dann (…)“ unterstützen den freundlichen Stil der Beziehungsgestaltung (ebd.).

Dennoch wird durch anglizismendurchsetzte Floskeln wie „Im Office gilt meist ein Dresscode“ eine Umgangssprache initiiert, die leicht verständlich ist und von der sich eine breite weibliche Zielgruppe angesprochen fühlt, welche ich im etwaigen Alter von 40 bis 60 sehe, welche in Städten lebt, eine feste Arbeit sowie ein gutes Einkommen verzeichnet und als modeinteressiert, modern und konsumfreudig beschreiben würde. Außerdem gehe ich davon aus, dass diese Gruppe Frau nicht unbedingt dem heutigen Schlankheitsideal entspricht, da häufig von „kleinen Pölsterchen“ die Rede ist. Eventuell handelt es sich dabei um ein eher konservativen Rezipienten.

5.2 Situation, Akteure, Beziehung bei Zalando

Bei Zalando hingegen wird der Rezipient, sei es der vorausgesetzte oder der tatsächliche, mit „Du“ angesprochen, wodurch direkt eine Art ‚Vertrauensbasis’ herrscht. Hoffmann würde diese Beziehungsgestaltung als familiär wegen des Duzens beschreiben, jedoch vermischt sich in der Anrede des Konsumenten auch ein „lässiger Stil“ (Hoffmann 2012: 190). Allein wegen der 35 Anglizismen, die sich in Wörtern oder Wortspielen wie „All dressed up: der Kleider-Guide“ äußern, wird der kurze Text durch einen jugendlichen Sprachstil geprägt. Wortspiele wie „Dann bleibst du Herrin der Lage“, wenn es um den Lagen- oder auch „Layering-Look“ geht, sympathisieren das Unternehmen für den potentiellen Kunden. Der Jugensprachenstil und die vielen Wortspiele lassen auf die Ansprache einer jüngeren Zielgruppe von Mädchen oder Frauen schließen, die sich etwa im Alter von 16 bis höchstens 40 befindet. Die potentiellen Kunden sind sehr modeaffin und interessiert an Neuheiten und extravaganter Kleidung. Sie fühlen sich eventuell durch die deiktische Ansprache des „Du“ jünger und vom Unternehmen geschmeichelt. Die mögliche Zielgruppe geht entweder noch zur Schule, absolviert eine Ausbildung, studiert oder ist bereits fest in einen Arbeitsalltag eingebunden. Hierbei könnte man von einer eher legereren Zielgruppe ausgehen.

Merke: Mit SEO-Texten wird jeweils eine ganz bestimmte Zielgruppe angesprochen.

6 Stilwahl: Werbestilistische Typisierungen und deren Realisierung

Werbestilistische Typisierungen bestehen laut Hoffmann (2012: 180) in den für Werbetexte typischen Anpreisungen eines Produktes. Dies sei also ein Merkmal, das eine große Gruppe von Werbetexte aufweist.

6.1 Realisierung bei OTTO

In dem Werbetext von OTTO wird an einem wunden Punkt angesetzt: Wegen des immer dünner werdenden Frauenbilds in jeglichen Magazinen und Fernsehsendungen sinkt womöglich die Zufriedenheit bei Frauen, die keine Modelmaße verzeichnen können. OTTO sieht dies als Chance, genau an der Stelle seine Kleider zu vermarkten. Mit Sätzen wie „Die vielen verschiedenen Schnitte bieten für jeden Geschmack, jeden Anlass und jedes Figurproblem eine Lösung.“ vermittelt das Unternehmen Gewissheit, dass gleich, welches Kleid online bestellt wird, der Frau darin ein „glänzender Auftritt garantiert“ ist. Auch stützt sich der Textproduzent auf eine Autorität: „Selbst Coco Chanel war überzeugt: Ein gut geschnittenes Kleid steht jeder Frau.“ Um dies zu unterstreichen, werden Tipps und Tricks angefügt, wie ein einziges Kleid unterschiedlich kombiniert werden kann und welchem Figurtyp welches Kleid steht: „Mit Blazer, Strickjacke, Gürtel oder farbigen Strumpfhosen wirkt Ihr Etuikleid jedes Mal anders.“ Unter der Überschrift „Die schönsten Kleidertrends 2016“ werden die Kleider personifiziert „Hallo, ihr bodenlangen Schönheiten“ und die, laut OTTO, heißesten Trends noch einmal resümiert hervorgehoben. Dabei bleiben „Lederkleider angesagt“, jedoch werden sie zugleich als Neuheit eingestuft, denn „neu sind ihre aufregenden Details“. Das Fazit am Ende des Textes rundet das oben aufgegriffene Thema wieder ab. Unter dem Motto „Bleiben Sie sich treu“ wird versichert, dass man tragen solle, was einem steht und wozu man Lust hat.
In dem Text lässt sich ein Auflisten von Vorzügen wie die Kombinierbarkeit zwar finden, jedoch werden Fokuspartikel weggelassen und immer in ganzen Sätzen geschrieben, sodass auch die syntaktische Isolierung von Satzteilen wegfällt (vgl. Hoffmann 2012: 181). Eine Neuheit wird von OTTO nicht impliziert, viel mehr kommen die Artikel „nie aus der Mode“ oder sind „zeitlos“. Das eigene Produkt als Spitzenprodukt zu bewerben lässt OTTO sein, viel mehr wird dem Rezipienten generelle Information über Kleider geliefert. Das Anreichern mit Emotionen und das Vermitteln eines gewissen Lebensstils vollzieht sich nicht nur in dem gesamten Text anhand der Figur einer Frau und ihrer eventuellen Selbstkritik, sondern auch mit Warnungen „Im Office gilt meist ein Dresscode: Wer dagegen verstößt, riskiert seine Karriere.“

6.2 Realisierung bei Zalando

Bei Zalando finden sich ähnliche typisierte Motive: Die Kleider lassen sich gut kombinieren und sind „für wirklich jeden Styling-Spaß zu haben“. Durch das Modalwort „wirklich“ erhält der Rezipient die Gewissheit, dass Mode Spaß macht. „Mit coolen Kombinations-Tricks (…) kannst du die Fashion-Freude sogar noch toppen.“ drückt die Kombinierbarkeit aus und stellt die eigenen Produkte wegen des Fokuspartikels „sogar“ als Spitzenprodukte dar (vgl. Hoffmann 2012: 181). Zwar findet sich weniger das Auflisten von Vorzügen (ebd.) im Text, jedoch vermehrt einzelne Attribute der Artikel wie „mindestens knielang, superschmal und figurbetont“.

Auffällig sind hier die vielen attributiv verwendeten Adjektive, die die Kleider emotiv beschreiben. So rufen Ausdrücke wie „zartes Lingerie-Kleid“, „smarter Longblazer“ oder „aufregende Stilettos“ dem Rezipienten bunte Bilder ins Gedächtnis und sorgen für die Erweckung positiver Emotionen (vgl. Hoffmann 2012: 11). Die „Unter-Hose“ ist ein von Zalando erfundener Neologismus und die „neue Erfolgsformel fürs Kleider- Styling“ und manifestiert so das Bild einer Neuheit.

Die Umgangssprache, derer sich Zalando bedient, fällt auch anhand von Enklisen wie „wenn’s“ und „fürs“ auf. Intertextuelle Verweise lassen sich vor allem in den Überschriften ausmachen. „Kleider machen Laune“ stellt einen Verweis auf die Novelle „Kleider machen Leute“ von Gottfried Keller dar, in der es um einen Schneiderlehrling geht, der aufgrund seiner Kleidung versehentlich für einen Grafen gehalten wird. Damit zeigt sich, dass Kleidung zu einer veränderten Identität oder einem anderen Identitätsbewusstsein führen kann. Dass Zalando „Leute“ durch „Laune“ ersetzt, passt zu dem nachfolgenden Abschnitt des Textes, in dem es darum geht, dass Mode Spaß macht. „All dressed up“ kann ein Verweis auf „All mixed up“ sein, ein Lied, welches von The Cars im Jahr 1978 veröffentlicht worden ist. Dieses Motto passt gut zu Zalandos letztem Tipp an den Rezipienten von den „Stilbruch-Profis“: „Kombiniere dein Kleid mit dem Unerwartetem.“

Ambige Wortspiele sind zum Beispiel „Was jetzt aber besonders anziehend ist?“. Mit dem Prädikat in dem Satz kann entweder die Kleidung oder menschliche Attraktivität gemeint sein, die anziehend ist. „Wir stehen auf Schlauch“ ist eine Abhandlung der Redewendung „auf jemanden stehen“, also jemanden attraktiv zu finden. In diesem Zusammenhang bedeutet das: Zalando mag Schlauchkleider. Die abschließende Alliteration „Der Mut zum Mix macht Mode!“ soll Konsumenten ermutigen, etwas Neues zu wagen und auf die Tipps des Werbetexts zu vertrauen und ist wiederum eine Gewissheit für den Kunden, auf die Tipps des Unternehmens zu vertrauen.

So hat Zalando in seinem Werbetext alle werbestilistischen Typisierungen eingebracht, die Hoffmann in seinem Text „Werbekommunikation stilistisch“ definiert hat und fällt durch sämtliche Wortspiele, intertextuelle Verweise und Anglizismen prägnant auf.

7 Werbestilistische Differenzierungen und ihre Realisierung

Werbetexte weisen eine Strategie auf, mit der sie vom Kommunikator gestaltet worden sind. Strategische Gestaltungszusammenhänge sollen im Folgenden untersucht werden (vgl. Hoffmann 2012: 184).

7.1 Präsentation von Produkten

7.1.1 Realisierung bei OTTO

Hier werden weniger augenscheinliche Mängel benannt, sondern viel eher Vorzüge. Da sich lediglich auf einen Text bezogen wird, fällt das „Einbetten des Produktes in eine geschätzte Aura“ (Hoffmann 2012: 184) zunächst weg. OTTO setzt scheinbar auch nicht auf das allgemein bekannte Marketingmotto „Sex sells“, da äußerst wenige Anspielungen auf ein verführerisches Aussehen getätigt werden, sodass auch das sonst häufig verwendete Wort „sexy“ nur einige Male auftritt. Stattdessen beruft sich OTTO auf Ausdrücke wie „gut angezogen“, „schön angezogen“ oder „traumhaft schönes Brautkleid“. Damit setzt OTTO auf die Schönheit und Eleganz einer Frau und wie sie diese am vorteilhaftesten präsentieren kann.
Dass all die Merkmale von Hoffmann in diesem Werbetext fehlen, ist sicher kein Zufall. Ironische Passagen sind nicht zu bemerken, was eventuell an der Zielgruppe liegen könnte, die eher eine ‚informative‘ Plattform als ironisch angepriesene Werbung begrüßt. Eine potentielle Kundin OTTOs möchte sich wahrscheinlich weniger sexy als klassisch und angemessen kleiden – ebenso möchte sie angesprochen werden.

Merke: Nicht immer ist „Sex sells“ das ideale Marketingmotto.

7.1.2 Realisierung bei Zalando

Die zwei eben genannten Punkte wie „Herausstellen von scheinbaren Mängeln“ und das „Einbetten in eine geschätzte Aura“ (Hoffmann 2012: 184) fehlen auch bei Zalando, womit an dieser Stelle eine Gemeinsamkeit mit OTTO besteht. Während OTTO aber auch der Sexualität in Werbung absagt, setzt Zalando im ersten Abschnitt des Textes auf die erotische Anziehungskraft von Frauen und Kleidern. Direkt das zweite Wort „sexy“ bildet den Anfang einer Alliteration und verkörpert im Sinne Zalandos einen Kleidungsstil. „Anziehend“ ist normalerweise ein Adjektiv bzw. Prädikativum zur Beschreibung einer Person, zu der man sich hingezogen fühlt. Zalando hingegen nutzt es für ein Wortspiel mit Kleidern, die Frauen anziehen sollen.

Dass bei OTTO keiner der Aspekte und bei Zalando nur einer angesprochen wird, liegt auch an der Form des Werbetextes zugunsten der Suchmaschinenoptimierung. Kleider können laut der Werbenden Figur-Wunder bewirken, indem sie überall und jederzeit von jeder Figur getragen werden können, sodass folglich keine scheinbaren Mängel seitens des Vertreibers herausgestellt werden müssen.

7.2 Präsentation des Anbieters

Bei OTTO wird lediglich von dem Unternehmen als „wir“ am Ende des ersten Abschnitts gesprochen: „Damit Sie wissen, welches Kleid Ihrer Figur schmeichelt, (…) haben wir die wichtigsten Informationen über Kleider für Sie zusammengestellt.“ Danach folgt ein Inhaltsverzeichnis, das die Informativität der Seite noch einmal unterstreichen soll. Bei Zalando taucht das Unternehmen in der ersten Person Plural lediglich in einer Überschrift auf: „ Wir stehen auf Schlauch“

Beide Unternehmen müssen in ihrem Werbetext keine „Vorzüge“ oder ihren „guten Namen“ (Hoffmann 2012: 185 f.) einbringen, da der Rezipient weiß, auf welcher Website von welchem Unternehmen er sich gerade befindet. Zudem ist der Name des Unternehmens bei solch großen und etablierten Händlern nicht mehr relevant einzuflechten, da es im Sinne von SEO ist, andere Begriffe wie Kleider zu indizieren, die den Inhalt der Kategorie beschreiben.

Schaut man sich hingegen die Startseite von OTTO an (otto.de), ist auffällig, dass relativ häufig der Name des Unternehmens in großen Lettern fällt. Die Suchmaschine weiß, dass es sich auf der Website um das Unternehmen OTTO und seine Produkte handelt.

Merke: Bei SEO muss der gute Name des eigenen Unternehmens nicht zwingend etabliert werden.

7.3 Präsentation des Konsumenten

Nun wird untersucht, wie der Konsument in einem Werbetext dargestellt wird und welche Strategie bei dem Umwerben angewandt wird.

7.3.1 Realisierung bei OTTO

Bei OTTO werden tatsächlich die Vorzüge des Konsumenten benannt, was sich allerdings nur auf die Vielfalt der Figuren und der dazu passenden Kleider beschränkt (vgl. Hoffmann 2012: 186).
OTTO vermittelt durch die Aufteilung des Textes in Büro, Freizeit und am Abend einen Arbeitstag und folglich den Lebensstil einer berufstätigen Frau. Es legt die Überzeugung nahe, dass man sich trotz eines langen Tages zu jedem Anlass geschmackvoll kleiden kann. Mit der letzten Überschrift „bleiben Sie sich treu“ wird ein Motto aufgegriffen, das vielen Frauen in Absage an ein dünnes Schönheitsideal gefallen könnte. Das Unternehmen verkörpert das Bild, dass wenn Frauen sich ein Kleid von OTTO bestellen, sich selbst treu bleiben: Ihrer Figur und ihrem ganz persönlichen Geschmack.

7.3.2 Realisierung bei Zalando

Auch bei Zalando werden „Curvy Girls“ und ihre „schöne Sanduhrsilhouette“ als vorteilhaft dargestellt, was an dem englischen Euphemismus liegt. Zugleich vermittelt ein solcher Werbetext einen bestimmten Lebensstil: Jugendlich durch die hervorgebrachte Varietät und wortgewandt durch intertextuelle Verweise und Wortspiele. Der Konsument kann diesen Lebensstil folglich bei einem Erwerb eines Kleidungsstücks erhalten sowie das Ideenreichtum, das Zalando verzeichnet.

Das „Inszenieren einer Konsumentenperspektive“ (Hoffmann 2012: 187), also der Darstellung von fingierter Rede oder zufriedenen Kunden, fällt bei beiden Texten weg. Auf Webseiten wird weniger einem (fiktiven) Kunden das Wort in den Mund gelegt, es sei denn, es handelt sich um tatsächliche Kundenbewertungen, die auf der Seite veröffentlicht werden und eine (teils sogar reale) Konsumentenperspektive ermöglichen.

7.4 Präsentation von Werbetexten

Zugrunde dieser Überschrift liegt die Verfremdung von Werbetexten, die die Aufmerksamkeit des Rezipienten auf die Gestaltung lenken soll (vgl. Hoffmann 2012: 187). Werbung ist in diesem Sinne zwar verdeckt, soll aber dennoch erkannt werden. Das Verdecken von Werbung in dem Sinne Hoffmanns, dass sie als „Travestie“ (ebd. S. 188) fungieren soll, ist in den herangezogenen Werbetexten nicht realisiert. Die Werbung wird weder verfremdet noch aufwendig gestaltet. Das einzige, was geltend gemacht werden kann, ist die Tarnung von Werbung durch Tipps zu Kombinationsmöglichkeiten von Kleidern und der Beratung von unterschiedlichen Figurentypen und den damit einhergehenden verschiedenen Frauenbildern und Stilen. Dabei wird weniger von dem Kauf an sich gesprochen, sondern eher von dem tatsächlichen Tragen der Kleidung, was allerdings den Erwerb derjenigen Kleider voraussetzt. Somit wird implizit mit den Produkten der jeweiligen Website geworben und durch interne Links, die zu Accessoires oder ähnlichem weiterführen, unterstützt. Folglich werden kommerzielle Werbung und die Produktbranche in beiden Werbetexten nicht verdeckt, da sich der Text zum Thema Kleider tatsächlich auf das Produkt Kleid bezieht.

Das Weglassen einer aufmerksamkeitserregenden Präsentation ist der Suchmaschinenoptimierung zuzuschreiben. Die Werbetexte am Ende der Website werden schnell übersehen und sind weitestgehend unauffällig, wenn man von der Typographie absieht. Wie bereits mehrfach angedeutet, besteht das eigentliche Ziel der Texte darin, von Crawlern gesichtet und in den Suchergebnisanzeigen höher platziert zu werden, weshalb aufwendige und womöglich teure Werbemaßnahmen für den Kunden an dieser Stelle ausgespart werden.

Merke: SEO-Texte sind häufig unauffällig gehalten.

8 Werbestilistische Fokussierungen

Die Fokussierung besteht in dem „anders Machen“, dem „auffällig Machen“ eines Werbetextes (Hoffmann 2012: 191).

Nun lässt sich dazu sagen, dass diese Werbetexte keine auffälligen Slogans aufweisen. Höchstens lassen sich ansprechende Überschriften oder Alliterationen wie „Der Mut zum Mix macht Mode“ finden, welcher aufgrund seiner Einprägsamkeit als solcher gelten könnte und einen Lebensstil sowie Emotionen vermittelt. Mehrfacherwähnung, wenn auch nicht mit derselben Lexik, findet sich insbesondere bei dem Kleid als „Allroundtalent“.

Typographisch kommuniziert fallen bei OTTO lediglich die Überschriften auf. Diese Überschriften erscheinen in den Corporate Design Farben, also rot, grau und später nur noch schwarz. Das Unternehmen benutzt keine Serifenschrift, wodurch sich der Text angenehm lesen lässt.

Zalando hingegen verwendet zwei gegensätzliche Schriftarten: Für die Überschriften wird eine Nicht-Serifenschrift in grau oder schwarz verwendet, wohingegen im Text eine Serifenschrift benutzt wird. Auch Zalando setzt auf Corporate Design und verwendet seine Farben grau und schwarz. Die internen Links werden mit dem Orange des Logos herausgehoben. Mit dieser Form von Stilwahl nutzt Zalando die Kontrastierung und gestaltet den Text auffälliger als OTTO. OTTO hingegen setzt auf Klassik und wirkt durch die Länge des Textes und seine Informativität auffällig. Deviation, das Abweichen von der Normalform, lässt sich wie bereits erwähnt sowohl grammatisch durch Enklisen als auch das noch nicht angesprochene Abweichen von kommunikativen Normen deutlich machen, womit der Bogen zur pragmatischen Stilistik und der Stilwirkung auf den Rezipienten geschlagen wird.

9 Stilwirkung und pragmatische Stilistik

„Werbetexten ist damit eine prinzipiell appellative Grundfunktion zuzuschreiben, die mit repräsentativen (Produktinformation) oder expressiven (Kundenbindung, Kontaktherstellung) Funktionen kombiniert sein kann“ (Janich 2012: 217). Auffällig bei beiden Texten ist allerdings, dass im illokutionären Akt (Austin 2002: 116) beide statt zu direkten Sprechakten vermehrt zu indirekten Sprechakten tendieren, womit die appelative Grundfunktion des eigentlichen Werbetextes gemindert wird beziehungsweise wegfällt. Statt also beispielsweise direktive Sprechakte zu tätigen (vgl. Pörings/Schmitz 1999: 162), werden indirekte Empfehlungen „Ihr Outfit sollte die Schultern (…) auch an warmen Tagen bedecken“ getroffen. Häufig stehen Tipps auch im Imperativ, mit denen der Rezipient dazu aufgefordert wird, etwas auszuprobieren oder auf etwas zu achten, jedoch sprechen beide Unternehmen jeweils nur ein Mal explizit in der ersten Person Plural, was die Sprechhandlung zusätzlich mindert und im Gegensatz zu einer ausdrücklichen Werbung beschwichtigend auf den Rezipienten wirken könnte. Interne Links, die in die Texte eingebettet sind, könnte man als indirekte Sprechakte bezeichnen, andere Kategorien ausfindig zu machen und dort nach Produkten zu schauen, dem ein interessierter Rezipient nachgeht.

Schon anhand der Quantität beider Texte lässt sich feststellen, dass OTTO mit seinen knapp 1800 Wörtern diese Konversationsmaxime verletzt (vgl. Grice 1980: 113). Der Text ist keinesfalls so informativ wie nötig, was Sätze ohne Inhalt wie „In Ihrer Freizeit können Sie tragen, was Ihnen gefällt“ bestätigen und auch die Maxime der Relevanz verletzen. Jedoch lässt gerade die Überschrift „Tipps und Trends rund um Kleider“ einen ausführlicheren Text in Form eines Ratgebers erwarten. Der Text von Zalando hingegen gibt knappe und grobe Tipps, die ebenfalls anhand der Überschrift „Der Kleider-Guide“ erwartbar sind, womit das Unternehmen die Maxime der Quantität erfüllt, aber gegen die Maxime der Modalität agiert: Der Werbetext ist häufig mehrdeutig („ist fürs Bett doch viel zu schade!“). Auch OTTO nimmt sich dieser Maxime nicht an, da das Unternehmen sein Produkt weitschweifig präsentiert. Lediglich OTTO beruft sich auf die Autorität Coco Chanel. Strittig ist aber, ob OTTO und Zalando als etablierte Unternehmen nicht selbst als Autorität und vertrauen erweckend gelten. Die Erfüllung oder Verletzung der Maxime trägt zu dem Stil der Werbenden bei, der je nach Einstellung des Rezipienten entweder Interesse oder Desinteresse erweckt, je nachdem welcher Zielgruppe er angehört.

Die Stile beider Unternehmen haben eine unterschiedliche Wirkung im perlokutionären Akt (Austin 2002: 119) auf den Rezipienten, ob beabsichtigt oder nicht: OTTOs Text enthält viele Informationen, was der Rezipient wegen der Überschrift erwartet. Jedoch sind die Informationen bereits im Alltagswissen des Rezipienten manifestiert, sodass das Rezipieren abgebrochen werden könnte. Vielleicht ist aber gerade der Stil von OTTO auf seine klassische Zielgruppe abgestimmt, die ein klares Deutsch und größere Ausführungen bevorzugt. Das Fazit könnte wegen seiner knappen Zusammenfassung und der emotionalisierenden Überschrift noch einmal Interesse erwecken. Zalandos Werbetext hingegen wirkt auf den Rezipienten jung und dynamisch: Wegen vieler Anglizismen, Enklisen und der Wortspiele wirkt der Text auf seine Zielgruppe sympathisch.

Festzuhalten sei an dieser Stelle, dass die Texte sich sehr auf ihre Zielgruppen beziehen. Beide Werbetexte hätten auf die Vertreter der jeweils anderen Zielgruppe eine ganz andere Wirkung.

10 Fazit

Die Forschungsfrage „welche Auffälligkeiten ergeben sich bei einem stilistischen Vergleich zweier suchmaschinenoptimierter Texte?“ möchte ich kurz beantworten. In der Typisierung wird nahezu alles erfüllt, was Hoffmann (2012: 179) an Werbung als typisch definiert. Die Stilabsicht, also der Verkauf der Produkte, wird durch emotionale Situationen angesprochen und geht mit der Assoziation eines bestimmten Lebensstils einher. Das eigene Produkt bei der Differenzierung wird mit Vorzügen statt scheinbaren Mängeln herausgehoben und lediglich bei Zalando erhalten die Kleider teils anzügliche Anspielungen. Der eigene Name des Unternehmens wird nicht angesprochen, ebenso wenig der gute Ruf, da der Rezipient weiß, auf welcher Website er sich befindet und den guten Ruf des Unternehmens wahrscheinlich zu schätzen weiß. Der Konsument in den Werbetexten wird entweder als berufstätig und klassisch oder als jugendlich und extravagant dargestellt, was allein durch die Rezipientenanrede und die Nutzung von Varietäten untermauert wird. Eine Travestie der Werbetexte, das Verdecken kommerzieller Werbung sowie das der Produktbranche erfolgt in beiden Fällen im Gegensatz zur herkömmlichen Werbung nicht (vgl. Hoffmann 2012: 188). Die Werbung könnte als Ratgeber getarnt sein, jedoch ist auch das fraglich, da der Konsument weiß, dass er sich auf der Seite eines Onlineshops befindet und zum Kauf angeregt wird. Das Auffällig-Machen der Werbetexte besteht in typographischen und sprachlichen Elementen, vor allem bei Zalando, die sich in Wortspielen und Anglizismen äußern. Der Text von OTTO fällt durch seine außerordentliche Länge und seine Informativität auf. Die Anschlusskommunikation des Kunden, wenn er die Selektion aus Information, Mitteilung und Verstehen empfangen hat, äußert sich über eine längere Verweildauer auf der Website oder im Idealfall im Erwerb der angepriesenen Produkte. Nur dann ist die Werbekommunikation der Unternehmen geglückt.

Resümierend ist ein veränderter Stil zwischen herkömmlicher Werbung und suchmaschinenoptimierter Werbung zu beobachten. Es wird folglich weniger Wert auf tatsächliches Verfremden oder Erregen von Aufmerksamkeit gelegt, viel mehr soll die Seite mit Information gefüllt werden, die Vorteile des Produktes herausstellt und Anwendungsmöglichkeiten aufzeigt, was wiederum mit Offline-Werbung zu vereinen ist. Interessant jedoch ist an dieser Stelle das Einsetzen von vermehrt indirekten Sprechakten, was die eigentlich appellative Grundfunktion eines Werbetextes vermindert.

Gerne wäre ich auf die Veränderungen in dem Werbetext von OTTO, die sich inzwischen ergeben haben, eingegangen. Diese könnten in einer weiterführenden Arbeit diskutiert werden. Interessant wäre es, einen Vergleich meines ‚veralteten‘ Werbetextes von OTTO zu dem neueren anzustellen und zu beleuchten, warum welche Änderungen vorgenommen worden sind, sowohl sprachlich als auch aus der Perspektive der Suchmaschinenoptimierung.

Merke: Herkömmliche Werbung und SEO vereint das Herausstellen der Vorteile der Produkte des Anbieters und das Aufzeigen von Anwendungsmöglichkeiten. Hingegen zur Offline-Werbung werden beim SEO vermehrt indirekte Sprechakte und Keywords in den Text impliziert.

 

Vielen Dank für euer Interesse an diesem Vergleich. Wenn ihr also das nächste Mal in einem Onlineshop unterwegs seid und Anregung sucht, seid ruhig ein wenig aufmerksam. Gewiss findet ihr den einen oder anderen SEO-Text.

Euch ist noch eine Frage offengeblieben? Nehmt gerne Kontakt zu uns auf.

Außerdem freuen wir uns über eure Meinungen oder Feedback hier im Kommentar.

 

 

Elisabeth Möbius: Moin, ich bin Elisabeth Möbius - oder ganz kurz - Betty. :-) Nachhaltige Suchmaschinenoptimierung, kreatives Social Media Marketing und Texte made with Love - das sind meine Leidenschaften. Kleinen und mittelständischen Unternehmen, Gründern und Selbstständigen helfe ich mit Freude dabei, online einfach besser gefunden zu werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob du - wie ich - aus Mecklenburg-Vorpommern - oder aus anderen Regionen des Landes kommst. :-) Dank E-Mail, Telefon und Video-Call können wir optimal zusammenarbeiten - ganz gleich wo du wohnst. Melde dich gerne für ein kostenfreies Erstgespräch mit mir und wir schauen gemeinsam wie du online noch erfolgreicher werden kannst. Ich freue mich darauf, von dir zu hören!